Frühlingserwachen in der Kräuterwelt

Mit meiner Hündin bin ich täglich viel draussen in der Natur unterwegs. Uns beide schreckt dabei kein Wetter davon ab – ganz nach dem Motto: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Klamotten.

 

Krokusse, Primeln, Schneeglöckchen, Ehrenpreis und auch die ersten saftigen Triebe des Labkrauts strecken sich seit Tagen der Sonne entgegen. Ein unverkennbares Zeichen, dass der Frühling im Anmarsch ist. Bei dem Gedanken durchkribbelt mich eine freudige Zuversicht. Die Vorfreude, bald wieder die blühenden Kräuterbegleiter auf meinen Spaziergängen zu entdecken, lassen mein Sammlerherz höher schlagen!

 

Schon unsere Vorfahren machten sich die Kraft der jungen Triebe im Frühling zunutze, um ihren Körper zu reinigen, zu stärken und wieder mehr Farbe in den Speiseplan zu bringen. Wer kennt sie nicht, die Frühlingskuren aus Suppen, Säften und Tees mit den unterschiedlichsten Kräutern?

Vielerorts noch immer wohlbekannt ist die Grüne Neune – nein, keine mathematische Hexerei, sondern auch bekannt als die Gründonnerstags-Suppe, das Geschenk der Frühlingsgöttin als erstes Grün im Speiseplan des bevorstehenden Jahres.

 

Aus den Grünen Neunen, also Brennnessel, Bärlauch, Löwenzahn, Giersch, Gundermann, Gänseblümchen, Sauerampfer, Spitzwegerich und Schaumkraut (mancherorts wird auch Vogelmiere und Scharbockskraut anstelle zwei der anderen Kräuter verwendet) wurde eine Suppe gekocht und bereits im Jungsteinzeitalter am Frühlingsfest zu Ehren der Erdgöttin gereicht.

 

Ich freue mich, dir eine kleine Auswahl meiner liebsten Kräuterbegleiter aus dieser Neuner-Runde vorzustellen. Diese Kräuter sind als Frühjahrskur auch unabhängig voneinander verwendbar.

Brennnessel (Urtica dioica)

 

Die vielseitige und - im wahrsten Sinne des Wortes - feurige Brennnessel ist ein richtiger Tausendsassa. Sie ist einerseits in der Heilkunde zu finden, wo sie dem Körper hilft zu entschlacken, zu entwässern und das Blut zu reinigen. Sie ist eine wahre Mineralstoffbombe und enthält sehr viel Eisen, Kalium, Magnesium und Natrium – genau der richtige Kick für den Körper nach dem langen „Winterschlaf“.

In der Wildkräuterküche findet sie ebenfalls Verwendung. Die Triebspitzen und Blätter können zu Tee oder Salat oder Spinatgemüse verarbeitet und schmecken hervorragend. Die schmackhaften, nährstoffreichen Samen können im Herbst geerntet und über Salat und Suppen oder aufs Butterbrot gestreut werden. In früheren Zeiten wurde die Hanfnessel, wie sie auch genannt wird, als Faserpflanze zu Stoff – dem Nesseltuch - verarbeitet.

Gänseblümchen (Bellis perennis)

 

Das liebliche Gänseblümchen, dass überall direkt vor unserer Nase wächst und mit dem bestimmt die meisten Kinder schon einmal hübsche „Ketteli“ geflochten haben, ist besonders reich an den Vitaminen A, C und E und liefert dazu noch eine ganze Menge von Mineralstoffen. Gänseblümchen unterstützen den Stoffwechsel und sind blutreinigend. Verwendet wird es als Tee, Saft, im Salat oder als wunderschöne essbare Dekoration.

 

Und ja: Die Blütenköpfchen sind kleine Wetterfrösche: wenn sie am Morgen geschlossen bleiben, wird es tagsüber kaum Sonne, aber bestimmt Regen geben.

 Bärlauch (Allium ursinum)

 

Absolutes Kult-Kraut im Frühling ist der kleine Bruder des Knoblauchs, der Bärlauch. Erwachen die Bären aus dem Winterschlaf findet sich der Bärlauch als eines der ersten Kräuter auf ihrem Speiseplan.

 

Mit seinem Reichtum an Eisen und Vitamin C ist der Bärlauch ein echtes Kraftbündel. Er wirkt stark blutreinigend, anregend und kräftigend. Vorausgesetzt du magst den Geschmack von Knoblauch, ist er ein wahrer Genuss als Pesto, pur oder im Salat.

Sie ist zwar kein Teil der Neuner-Runde, aber dennoch einen Hinweis wert:

Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata)

 

Für alle, denen Bärlauch auch noch zu stark ist, empfehle ich die Knoblauchsrauke zu probieren. Sie hat nur ein sehr feines Knoblaucharoma und das in der Pflanze enthaltene ätherische Öl ist dem des Knoblauchs sehr ähnlich. Ein grosser Zweig Knoblauchrauke ersetzt etwa eine halbe Knoblauchzehe. Die Knoblauchsrauke hat wundheilende, schleimlösende und desinfizierende Eigenschaften.

Geniesse doch mal eine Scheibe Knäckebrot mit leicht gesalzener Butter und ein paar frische Blätter der Knoblauchsrauke – mmmh was für ein Genuss!

Löwenzahl (Taraxacum officinale)

 

Der sonnige Löwenzahn ist fast auf jeder Wiese zu finden und blüht als eine der ersten Blumen im Frühjahr. In seinen Blättern stecken viele Bitterstoffe, die den Stoffwechsel und die Verdauung anregen. Er reinigt und stärkt Leber und Galle. Die vielen Vitaminen und Mineralien im Löwenzahn beleben unseren gesamten Organismus nach den langen, kalten Monaten. Löwenzahn hilft auch gegen Übersäuerung und hat eine blutreinigende Wirkung.

 

Die Blätter des Löwenzahns eignen für einen leckeren Salat oder Tee. Wichtig dabei ist, noch junge Blätter zu verwenden, die schmecken nicht gar ganz so bitter.

Übrigens, hast du gewusst, dass sich aus den Löwenzahnwurzeln ganz einfach einen schmackhaften Kaffee-Ersatz herstellen lässt?

Spitzwegerich (Plantago lanceolata)

 

Der Spitzwegerich ist ein vielseitiger Helfer und lindert nicht nur Husten und Erkältungen, lästige Insektenstiche oder hilft gegen Blasen an den Füssen der Wanderer, sondern kann noch einiges mehr: er kurbelt den Stoffwechsel an und reguliert die Verdauungstätigkeit im Körper. Seine blutreinigende, entgiftende und entschlackende Wirkung macht ihn zu einem wichtigen Bestandteil der Frühjahrskur.

 

Die Blätter und Blüten des Spitzwegerichs können für Salate verwendet werden. Der überraschend nussige oder pilzartige Geschmack verfeinert nicht nur Pilzgerichte sondern harmoniert wunderbar in einem Karotten-Sellerie-Salat mit Balsamico-Dressing.

 

Einen natürlichen Hustensirup kannst du ganz einfach selber herstellen. Dazu benötigst du:

 - ca. zwei Handvoll Spitzwegerichblätter

- ca. 250 g Zucker

- Saft einer kleinen Zitrone

- zwei Schraubgläser ungefähr je 350 ml

 

Zubereitung:

- Saubere Wegerichblätter in cm-Stücke schneiden.

- Lagenweise mit dem Zucker in eines mit Alkohol vorgereinigte Schraubglas fülllen und festdrücken.

- Das volle Glas gut verschlossen an einem dunklen Ort für 2 Monate durchziehen lassen.

- Nach zwei Monaten den Sirup in ein Wasserbad stellen und langsam erwärmen.

- Zitronensaft und ca. 20 ml abgekochtes, warmes Wasser dazu rühren und nochmal zwei Stunden ziehen lassen.

- Den Sirup durch ein Sieb in das zweite, desinfizierte Schraubglas giessen.

 

Bei Husten mehrmals täglich löffelweise einnehmen.

 

Optimalerweise setztst du den Sirup im Spätfrühling, also Mai und Juni, an. Solange du aber frische Spitzwegerichblätter findest, kannst du der Sirup auch zu jeder anderen Jahreszeit ansetzen.

Ich wünsche dir und deinen Lieben ein farbenprächtgs Frühlingserwachen!

 

Herzlichst

Nicole

 

PS: bist du auch dabei bei der Kräuterwanderung zu den Grünen Neunen am 10. April 2021? Ich würde mich freuen

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